Ein Tag bei der Tafel in Einbeck

Am gestrigen Donnerstag waren wir zu Besuch bei der Einbecker Tafel. Die ökumenisch betriebene
Einrichtung dient dazu, Lebensmittel und weitere Bedarfsgüter an Bedürftige in der Region zu verteilen.

Wir kamen pünktlich zur Öffnung der Tafel um 15 Uhr an und wurden direkt in die Arbeit eingebunden. In nach einem geordneten, fairen Schema wurden die ersten 10 Personen in die kleine „Markthalle“ gelassen. Nach einer kurzen Anmeldung konnten Sie losgehen, um ihre Waren auszusuchen. Aussuchen? Ja! Denn bei der Tafel Einbeck werden die Produkte nicht zugeteilt. Jede und jeder einzelne kann frei nach seinem Geschmack und Bedarf wählen. „Für uns ist das ein Zeichen der Wertschätzung und Würde den Kunden gegenüber. Das wird hier großgeschrieben“, erklärt mir eine der ehrenamtlichen Helferinnen und genau so nahmen wir es auch wahr.
Durch das selbstständige Auswählen der Waren, wird den Menschen das Gefühl der Wahlfreiheit eines unbeschwerten Einkaufs vermittelt. Zudem wird den angebotenen Waren, durch den monatlich zuzahlenden, symbolischen Betrag von 5€ eine höhere Wertigkeit beigemessen. Alle Menschen, die hierherkommen, haben Anspruch auf Unterstützung vom Staat. Zu den Kunden zählen vor allem Rentner, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationshintergrund.
Natürlich wird auch darauf geachtet, dass niemand in über das Maß hinaus zugreift. Heute gab
es viel Jogurt und Backwaren. „Da darf dann jeder etwas mehr nehmen“. Milch war knapp und wurde deswegen nur an Familien mit Kindern herausgegeben. So wird versucht ein Gleichgewicht zwischen Freiheit und gerechter Verteilung zu schaffen.

Insgesamt gibt es im Einzugsgebiet Einbeck rund 120 Bedarfsgemeinschaften mit ca. 350
Personen. Aber nicht alle kommen jedes Mal zur wöchentlichen Ausgabe am Donnerstagnachmittag.
Trotzdem ist der Andrang groß. Umso wichtiger ist es für die Helfer, nicht von Beginn an alle Waren in die Körbe zu legen, sondern auch darauf achten, dass jene, die erst kurz vor Schließung um 17 Uhr kommen noch eine gewisse Auswahl haben.
Die Stimmung ist gut und der Umgang miteinander freundlich. Zumindest in den meisten Fällen.
Dadurch dass unterschiedliche Kulturen und Charaktere aufeinandertreffen, kommt es auch mal zu lautstarken Auseinandersetzungen. Aber das seien nur seltene Ausnahmen, wird uns erklärt.
Die Waren werden hauptsächlich von Supermärkten im Gebiet Einbeck abgeholt. Dabei handelt es sich meistens um Lebensmittel, welche im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendet werden und ansonsten vernichtet werden würden. Dies ist oft der Fall, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum fast erreicht ist oder es zu Überproduktionen kam. Gerade Backwaren werden viel zu viel produziert. Nachdem die Waren abgeholt wurden, werden sie sortiert und für die Ausgabe vorbereitet. Man müsse aber aufpassen, dass die Tafel nicht zur „Entsorgungsstation“ für die Märkte wird.

Die insgesamt 35 ehrenamtliche Helfer sind auf unterschiedliche Weise zur Tafel gekommen und setzten sich sowohl das Alter als auch die Herkunft betreffend, sehr unterschiedlich zusammen. Die Arbeit möchte aber niemand mehr missen. Der Austausch, das voneinander Lernen und etwas Gutes zu tun, steht im Vordergrund. Der Wunsch ist es trotzdem, dass die Tafeln sich selbst überflüssig machen würden. Dafür seien eine Veränderung im Produktions- und Konsumverhalten sowie im Bereich der Sozialpolitik notwendig.

Wichtig für uns ist auch, dass hier in der Gemeinschaft gedacht wird. Die ehrenamtliche Arbeit ist unerlässlich und sollte schon viel früher gefördert werden. Auch die Tafel in Einbeck sucht immer neue Helfer und schlägt vor das Ehrenamt bereits im Schulalter zu verankern.
Eine tolle Einrichtung. Weiter so!

Text: Franzi Kreutzinger und Julia Bielefeldt
Bilder: Julia Bielefeldt

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